Akutstationärer Behandlungsbedarf gegeben?
Das Landesssozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat mit Urteil vom 7. Dezember 2022 (L 4 KR 450/21) eine Entscheidung zum akutstationären Behandlungsbedarf innerhalb der DRG W01B getroffen, die jetzt veröffentlicht wurde. Auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens kommt das LSG zu dem Ergebnis, dass zwar die Notwendigkeit ständiger ärztlicher Präsenz nicht vorlag, jedoch eine fortdauernde pflegerische Betreuung insbesondere zur angepassten Schmerzmittelgabe erforderlich war. Auch wenn sich das Urteil nicht direkt auf den OPS 8-550.- bezieht, kann es in der Argumentation bei Widerspruchsverfahren ggf. hilfreich sein.
Im vorliegenden Fall befand sich der Patient im Zeitraum vom 11. April 2016 bis zum 16. Juni 2016 nach einem Verkehrsunfall in akutstationärer Behandlung. Er erlitt bei dem Unfall mehrere schwere Frakturen, ein Schädel-Hirn-Trauma und Verletzungen der Lunge. Nach der notfallmäßigen Einweisung in das Krankenhaus wurden die Frakturen operativ versorgt und Massentransfusionen zur Stabilisierung des Patienten durchgeführt. Der intensivmedizinische Aufenthalt dauerte bis zum 2. Mai 2016 an. Nach Verlegung auf die periphere Station wurde eine intensive krankengymnastische Übungsbehandlung durchgeführt. Im Anschluss wurde der Patient in eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme verlegt.
Nach Auffassung der Krankenkasse hätte die Verweildauer des stationären Aufenthaltes um insgesamt vier Tage gekürzt werden sollen. Diagnostik und Therapien, die der besonderen Mittel des Krankenhauses bedurften, seien für die letzten vier Tage des stationären Aufenthaltes nicht mehr notwendig gewesen. Das LSG Niedersachsen-Bremen war jedoch der Auffassung, dass für die gesamte Zeit eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorgelegen hat. Das Gericht zog für seine Einschätzung ein Sachverständigengutachten heran.
Kriterien für den stationären Aufenthalt
Laut diesem Gutachten hat das Verletzungsmuster, dass zur stationären Behandlung geführt hat, während des gesamten Aufenthaltes des Patienten in der Klinik vorgelegen. Insbesondere waren die Frakturfolgen und ein Schaden am linken Bein in den letzten vier Behandlungstagen noch nicht abgeklungen. Der Patient sei ausweislich der Pflegedokumentation während des fraglichen Zeitraums rollstuhlmobil selbstständig gewesen, habe aber beim Stützgang noch eine krankengymnastische Betreuung gebraucht.
Zudem wurde der Patient aufgrund von anhaltenden Schmerzen und Beschwerden weiterhin medikamentös behandelt. Nach der ärztlichen Dokumentation bestand zwar keine Notwendigkeit eines jederzeit präsenten oder rufbereiten Arztes mehr. Jedoch war eine fortdauernde pflegerische Betreuung insbesondere zur angepassten Schmerzmittelgabe erforderlich. Für das Gericht stand fest, dass es daher keine Möglichkeit gab, den Patienten im in Rede stehenden Zeitpunkt in die ambulante Behandlung zu entlassen.
Prüfkriterien für die Geriatrie
Für den Bereich der Geriatrie haben sich die DRG-Fachgruppe Geriatrie und der Vorstand des Bundesverbandes Geriatrie intensiv mit den Fragestellungen rund um die Thematik der akutstationären Behandlungsbedürftigkeit beschäftigt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der OPS 8.550 nur solange verwendet werden darf, wie akutstationärer Behandlungsbedarf besteht. Dabei ist die Notwendigkeit stationärer Krankenhausbehandlung anhand von medizinischen Kriterien sicherzustellen.
Im Ergebnis wurden zwei Dokumente erarbeitet. Sie umfassen die aus Sicht der Geriatrie anzuwendenden Prüfkriterien zur primären und sekundären Fehlbelegung. Der Überwachungsbedarf bis zu drei Tagen nach Medikationseinleitung/Medikationsänderung rechtfertigt auch aus Sicht der DRG-Fachgruppe Geriatrie die weitere akutstationäre Behandlung. Ausschlaggebend ist, dass Leistungen der klinischen bzw. apparativen Überwachung (z.B. Laborparameter, Vitalparameter) auch aus der Patientenakte hervorgehen.
Die Dokumente sind hier abrufbar.
Hinweis
Für Mitglieder des Bundesverbandes Geriatrie stehen hier nach Login in den internen Bereich zusätzliche Informationen und Downloads zur Verfügung.