Geriatrie auf Innere Medizin oder Neurologie fokussieren
Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) kritisiert den Ärztetags-Beschluss zur Zusatzweiterbildung Geriatrie. Dieser Beschluss sieht vor, dass für den Erwerb der Zusatzweiterbildung Geriatrie in der Musterweiterbildungsordnung zukünftig keine Eingrenzung hinsichtlich der fachärztlichen „Grundqualifikation“ bestehen soll.
Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie hat in ihrer öffentlichen Stellungnahme kritisiert, dass Orthopäden und Unfallchirurgen zukünftig die Zusatzweiterbildung Geriatrie erwerben können sollen. Die Präsidenten Prof. Markus Gosch, Prof. Michael Denkinger und Prof. Rainer Wirth sind sich einig, dass in Anbetracht der internistischen und neurologischen Multimorbidität hochbetagter Patientinnen und Patienten ein Basisfacharzt ohne Kenntnisse aus den Bereichen Innere Medizin, Neurologie, Allgemeinmedizin und Psychiatrie keine fachgerechte geriatrische Versorgung anbieten kann. Sie kritisieren ebenfalls, dass es vor dem Beschluss am 28. Mai keinerlei Rücksprache mit den Fachgesellschaften, Berufsverbänden und dem Bundesverband Geriatrie gegeben hat.
Begründet hatte der Deutsche Ärztetag seinen Beschluss mit dem Hinweis auf fehlende Geriater gegenüber einer stetig steigenden Zahl geriatrischer Patienten. So wird erwartet, dass mit rund 250.000 hüftgelenksnahen Frakturen etwa doppelt so viele alterstraumatologische Patienten im Jahr 2032 gegenüber heute versorgt werden müssen. Dennoch wollen die Geriater klar festhalten, dass die Evidenz für hochwertige Geriatrie immer im Zusammenhang mit Basisfachärzten aus der Allgemeinmedizin, Inneren Medizin oder Neurologie stammt – oder auch einem eigenständigen Facharzt für Geriatrie, wie ihn Länder wie Italien, Frankreich, England, Norwegen oder Spanien bereits seit Längerem eingeführt haben.
Geriatrie ist Teamarbeit
Dies gelte auch für die Überlegenheit des orthogeriatrischen Co-Managements. Wenn Geriatrie als Teamaufgabe verstanden und mit strukturierter Komplexitätsmedizin in eigenständigen Abteilungen durchgeführt werde, profitieren hochbetagte Patientinnen und Patienten am meisten. Unfallchirurgen und Orthopäden könnten nachweislich gemeinsam mit Geriaterinnen und Geriatern die besten Ergebnisse erzielen. Werden Unfallchirurgen und Orthopäden zukünftig aber selbst zum Geriater werden – ohne internistische oder neurologische Grundausbildung, so werde sich die Behandlungsqualität verschlechtern.
Die DGG-Präsidenten setzen jetzt auf Gespräche mit den Landesärztekammern. Denn die Änderung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) muss auch in die Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern aufgenommen werden, wenn sie wirksam werden soll. (www.dggeriatrie.de)
Der Bundesverband Geriatrie unterstützt als Trägerverband die DGG bei der berufspolitischen Weiterentwicklung und Absicherung der Geriatrie. Der Beschluss im Rahmen des Ärztetages zeigt noch einmal sehr deutlich, wie wichtig es für die Geriatrie ist, ein belastbares Netzwerk auf Ebene der einzelnen Ärztekammern und insbesondere der jeweiligen Delegierten zu entwickeln.