Die Versorgung geriatrischer Patienten basierte seit den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts auf der "Rahmen-Konzeption zur geriatrischen Hilfe im Freistaat Sachsen" des zuständigen Sächsischen Sozialministeriums. Diese Konzeption bildete ein ordnungspolitisches Grundmuster zur näheren Ausgestaltung geriatrischer Versorgung auf Stadt- und Landkreisebene. Die Mehrzahl der stationären geriatrischen Betten war in den 1990er Jahren im Bereich der Rehabilitation angesiedelt. Im Krankenhausbereich waren geriatrische Betten auf ausgewählte Standorte begrenzt.
Im Jahr 2010 veröffentlichte das Ministerium für Soziales und Verbraucherschutz ein neues Geriatriekonzept, welches unter Mitarbeit aller relevanten Leistungserbringer, Verbände und Kostenträger im Bereich der geriatrischen Versorgung erarbeitet wurde. Dieses Konzept beschreibt die Anforderungen an die Versorgung geriatrischer Patienten ausführlich, benennt Qualitätsstandards und zeichnet zukünftige strukturelle und organisatorische Weiterentwicklungen vor. Ziel der neuen Konzeption ist es, unter Wahrung der Kontinuität des bisher Erreichten, die Qualität der geriatrischen Versorgung mittels stärkerer Vernetzung der ambulanten, teilstationären und stationären Strukturen zu verbessern sowie die Effizienz vorhandener Ressourcen zu steigern.
Auch weiterhin existiert ein abgestuftes stationäres geriatrisches Versorgungsangebot mit Einrichtungen im Krankenhaus- und Rehabilitationsbereich, sodass die bisherigen Versorgungsstrukturen grundsätzlich erhalten bleiben, aber bedarfsabhängig weiterentwickelt werden. Die Einrichtungen mit geriatrischem Versorgungsauftrag werden im Krankenhausplan gesondert ausgewiesen. Die Versorgung steht unter den Prinzipien Interdisziplinarität, Professionalität, Subsidiarität und Regionalität. Die Einrichtungen beteiligen sich an einem einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherungsprogramm. Einrichtungsintern wurden Qualitätsmanagementsysteme aufgebaut, um so die qualitative Absicherung der Versorgung sicherzustellen. Hinsichtlich des Zugangs zur geriatrischen Rehabilitation ist anzumerken, dass von den verantwortlichen Beteiligten im Freistaat Sachsen das entsprechende Antragsformular geriatriespezifisch überarbeitet und modifiziert wurde.
Einer Abfrage des Landesverbandes Geriatrie Sachsen im Jahr 2007 zufolge bestand mit sieben geriatrischen Fachabteilungen in Krankenhäusern und 209 Betten gegenüber fünf geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen und insgesamt 388 Betten in Sachsen ein etwa ausgewogenes Verhältnis der Versorgungsstrukturen beider Sektoren. Trotz des höchsten Bevölkerungsanteils der Über-65-Jährigen (24 %) aller Bundesländer lag jedoch das geriatrische Versorgungsangebot für die hohen Altersgruppen im Jahr 2007 um rund 50 % unter dem Bundesdurchschnitt. Analog zum bundesweiten Trend ist im Freistaat Sachsen ein deutlicher Anstieg der geriatrischen Betten im Krankenhausbereich seit 2010 zu verzeichnen. So verdreifachte sich in diesem Zeitraum die Zahl sächsischer Krankenhäuser mit geriatrischen Fachabteilungen auf nunmehr 19 Einrichtungen. Die Gesamtzahl geriatrischer Betten erhöhte sich zwischen 2007 und 2015 um etwa 40 %.
Im ambulanten Bereich soll laut Geriatriekonzept die Spezialisierung und Qualifikation der geriatrischen Versorgung maßgeblich weiterentwickelt werden, u. a. durch neu zu etablierende geriatrische Schwerpunktpraxen. Die Möglichkeit der Schaffung Geriatrischer Institutsambulanzen erhielt über eine sächsische Bundesratsinitiative Gesetzeskraft. Ausgehend von geriatrischen Zentren an Krankenhäusern oder Rehabilitationskliniken werden regionale Versorgungsnetzwerke in Kooperation mit allen an der Versorgung geriatrischer Patienten Beteiligten etabliert. Dazu zählen andere Krankenhäuser, Hausärzte und niedergelassene Fachärzte, Schwerpunktpraxen, ambulante und stationäre Rehabilitationseinrichtungen, Pflegeheime und -dienste, therapeutische und psychosoziale sowie ergänzende Dienste, Kommunen, Wohnungswirtschaft und Sozialorganisationen. Partner sind auch – sofern bestehend – die regionalen Pflegenetze, die Ausdruck des sächsischen Sonderwegs bezüglich der Pflegeberatung sind. Die Geriatriezentren übernehmen innerhalb der geriatrischen Netzwerke eine koordinierende Funktion.
Zur modellhaften Erprobung dieser Zentrumsidee wurden durch das Ministerium vier sächsische Regionen, ausgehend von differenten städtisch oder ländlich geprägten geriatrischen Versorgungssituationen, ausgewählt (Region Dresden/Radeburg, Region Leipzig/Zwenkau, Region Chemnitz, Region Görlitz). Die Koordinationstätigkeit der Netzwerke finanzieren die gesetzlichen Krankenkassen. Die Laufzeit der Modellprojekte war zunächst von 2011 bis 2013 begrenzt, wurde dann aber bis 2016 verlängert. Als primäre Hauptziele der einzelnen Modellregionen wurden formuliert:
- Schaffung eines regionalen trägerübergreifenden geriatrischen Versorgungsnetzwerkes
- Koordination und Qualitätssicherung der Netzwerkprozesse
- Schaffung und Implementierung von Instrumenten zur Patientensteuerung, u. a. mit geriatrischem Screening und Überleitungsmanagement in den weiterführenden Versorgungssektor
Konkretisierte Aufgaben für die zweite Modellphase sind u. a.:
- Erarbeitung eines allgemeinen Handlungsleitfadens für geriatrische Patienten mit Risikostratifizierung
- Abstimmung von Instrumenten zum geriatrischen Screening in der Klinik und im niedergelassenen Bereich
- Erstellung und Implementierung spezifischer Handlungsleitfäden zur Versorgungssteuerung geriatrischer Patienten (z. B. Demenz , Sturz, Schenkelhalsfraktur) mit allen Leistungserbringern im regionalen Kontext
- Weiterentwicklung von Präventionsstrategien für ältere Menschen und ihre Familien
Nachfolgend seien einige konkrete Umsetzungsschritte der Aktivitäten in den Modellregionen genannt:
- Erstellung von Übersichtswerken der an der geriatrischen Versorgung Beteiligten, sowohl in Papierform als auch elektronisch
- Entwicklung und Etablierung von Schulungskonzepten für den Umgang mit Menschen mit Demenz für Angestellte in Dienstleistungsbereichen wie z. B. Behörden, Feuerwehr und Polizei
- Unterstützung der Kommunen bei der Entwicklung von Pflegenetzen und Demenzarbeitsgemeinschaften
- Regionale Einführung von Qualitätsstandards bei der Patientenüberleitung
- Erarbeitung von einheitlichen und regelmäßig aktualisierten Beratungshandbüchern zur Pflegeberatung
- Wohnortnahe, unabhängige und trägerübergreifende Seniorenberatung
- Schaffung von quartiersnahen präventiven Versorgungsangeboten zur Verhinderung von Pflegebedürftigkeit und Krankenhausaufnahmen inkl. präventiver Arbeit bei Menschen mit leichten kognitiven Einschränkungen
- Sicherung der zahnärztlichen Versorgung älterer Heimbewohner
- Elektronische Vernetzung von Patientendaten in Klinik und Ambulanz
Im Sinne der Nachhaltigkeit sollen (zertifizierte) Geriatriezentren entstehen, deren Finanzierung derzeit noch ungeklärt ist.
Auf der Webseite des Geriatrischen Netzwerks Radeburg können Sie sich weitergehend informieren, bei Fragen zum Geriatrischen Netzwerk Radeburg können Sie sich an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! wenden.